Beim letzten Mal ging es unter anderem darum, dass die Kryptowährungen kein neues Konzept sind und im Cypherpunk (einer Bewegung elitärer Datenschützer) schon lange entwickelt werden.
Es ging um die Libertären und Anarchistischen Ideologien in der Scene.
Es gab bereits in den 90ern verschlüsseltes Geld (Digi-Cash). Dieses hielt sich zwar bis zur Jahrtausendwende, war aber kein Erfolg und ging mit dem Bankrott der Firma unter.
WIRED Cover 1993 (Quelle: Jumpingfrog.com)
Brain > Bombs
Nun forderte die Gemeinschaft eine Entkopplung von der Zentralisierung.
Nicht nur wegen der möglichen Korruption der zentralen Verwaltungsstelle (man muss ja nicht immer nur das Schlechte im Menschen sehen), sondern wegen der Ausfallsicherheit. Geht die zentrale Stelle bankrott, dann stirbt das Netzwerk. Entnimmt man uns das Herz, dann wird es schwer mit dem Überleben.
In der Netzwerkwissenschaft so wusste man, gab es hierfür Ansätze. Dezentralisierung ist NICHT das, was Netzwerke wie Bitcoin und Bittorrent und Tor praktisch „unverbietbar“, ausfallsicher und somit so genial macht…
Es ist die absolute Gleichverteilung. So folgten bald viele Kryptonetzwerke (die bis heute jedoch niemand von uns normalos nutze. I2P, Tor, Freenet usw.)
Wenn jedes Körperteil (Arme, Beine, Hirn, Augen, usw.) ein eigenes Herzkreislauf-System (HKS) hätte, dann wäre die Blutversorgung zwar dezentral und ein Ausfall des Herzens im linken Bein hätte keine Folgen für den rechten Arm (und umgekehrt)
ABER es wäre immer noch keine absolute Dezentralisierung, somit keine absolute Ausfallsicherheit und vor allem keine Gleichberechtigung.
Erst bei vollkommener Gleichverteilung, wenn also JEDE Zelle deines Körpers ein eigenes Herz und HKS hätte, dann wäre das System nahezu unsterblich.
In einem Netzwerk sind die Zellen die Knotenpunkte. Einen Knoten stellt man dann dar, wenn man die Bitcoin-Software nutzt. „Running a full node“.
Das Netzwerk ist also vollkommen Software basiert, man denkt bei einem Netzwerk ja immer an etwas physisch Vorhandenes, etwas was man wie Telefonkabel mit Spaten und Schippe ausgraben kann. Egal wie tief wir graben, wir finden das Bitcoin-Netzwerk nicht.
Wir finden auch das Internet nicht.
Das was wir im Boden finden, das was aus unserer Wand kommt, ist die physikalische Schicht.
Es gibt da so ein Referenzmodell. Das OSI-Modell und hier ist all der Kabelsalat der uns tatsächlich vernetzt, das OSI-Layer-1. Und erst dort setzen all die Protokollbasierten Technologien wie Ethernet, Internet und irgendwo weiter oben Bitcoin auf.
…das wollen wir erstmal so stehen lassen
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Verknüpfen wir das bisher Gelernte mit etwas praktisch Relevantem.
Die Zukunft kennen
Ich komme aus dem Bereich der Naturwissenschaften und beschäftigte mich in meiner letzten Abschlussarbeit mit der Vorhersage von Effekten in komplexen Agenten basierten Systemen.
„Vorhersage“ hmm erinnert etwas an Glaskugel und Wahrsagerin. Ob es jetzt darum geht, wie eine Mischung aus verschiedenen Wirkstoffen zusammenwirkt oder darum wie das Wetter morgen ist.
Die Systeme >>Mensch<< oder >>das Klimasystem<< könnten komplexer nicht sein. Auch Märkte sind komplexe Systeme. Kommunikations-Netzwerke wie zuvor gesagt ebenfalls.
Komplex ist ein System dann, wenn es sich Vereinfachung entzieht. Meist kommt hinzu dass man das System nicht oder nur teilweise versteht. Denken wir an unser Hirn, wir können es bis ins letzte Atom zerlegen aber selbst dann verstehen wir nicht wie es funktioniert oder was Bewusstsein ist.
Solche Dinge nennt man Emergenzen.
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ -Aristoteles
Dieses Zitat hat jeder schon einmal gehört oder benutzt.
„Wenn diese Systeme (und auch die Finanzmärkte) so komplex sind…wie kann man dann bitte Vorhersagen treffen?!“
Ja das frage ich mich manchmal auch. Insbesondere dann, wenn jemand mit Candlestick-Charts rumfuchtelt und alle zwei Stunden Preisvorhersagen macht.
Gut eine Wettervorhersage kann zutreffen, dieses Eintreffen des vorhergesagten Ereignisses ist jedoch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit behaftet UND hat nur einen bestimmten Gültigkeitsbereich.
Sie Trifft nur auf einen Tag oder zwei Tage zu (danach wird es zu ungenau) oder sie ist nur für eine bestimmte Auflösung geeignet. Wie das Wetter bei uns im Vorort wird ist schwer zu sagen aber dass es „im Großraum Köln sonnig wird“ oder „auf Malle regnet“ kann man schonmal vorhersagen…zumindest mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit.
Wenn es zu 80% regnen soll, dann kann es auch sein, dass es gar nicht regnet <-- das ist Risiko.
Der Milliardär Howarth Marks von Oaktree-Investments brachte es m.M.n. perfekt auf den Punk:
„Risiko ist wenn mehr Dinge eintreten können als eintreten sollen.“ - Elroy Dimson
„Nur weil etwas zu hoher Wahrscheinlichkeit eintreten kann, ist es nicht zwangsläufig das, was eintreten wird! Das ist das Risiko“ – H. Marks
Wie funktioniert so eine Glaskugel?
So funktionieren Vorhersagen:
Man hat echte Daten die man misst. Wie z.B. den Chart
Und man hat ein Modell. Wenn dieses Modell den echten Preis nachbildet, dann ist das Modell gegen die Realität validiert wurden.
Und wenn alles Fundamentale so bleibt wie es ist, die Welt sich so schnell dreht wie immer, das Himalaya-Gebirge dort steht wo es immer steht, dann bleibt das Modell valide.
"Also Aktienkursvorhersage = Cash?"
Hmm ich weiß ja nicht, viele meinen es zu können. Evidenz (also wissenschaftliche Beweise) lassen auf sich warten. Selten funktionieren Modelle für bestimmte Submärkte und wenn, dann auch nur RÜCKBLICKEND für bestimmte Zeiträume.
Das Fundamentale ändert sich einfach andauernd, es gibt zu viel Zufall/ Randomness.
Bitcoin 10k oder doch 1 Million? - Metcalfes Gesetz
"Gibt es für Bitcoin valide Modelle?"
Ja!
Prinzipiell ist Bitcoin vor allem eines: eine Technologie.
Genauer eine Netwerk-Technologie. Somit gelten hier Netzwerkgesetze. „Metcalfes Law“ oder das Metcalfesche Gesetz ist so eines.
Es sagt aus: mit zunehmender Anzahl an Knotenpunkten, wächst der Wert eines Netzwerkes exponentiell. Grob könnte man sagen, er wächst zum Quadrat.
bei zwei Usern/Knoten ist es EINE Verbindung, bei 3 Usern schon DREI, bei 5 sinds 10, bei 12 schon 66 Verbindungen. grob kann man sagen --> n^2
normal wachsen solche Netzwerke linear, würden sie exponentiell wachsen, wächst der Wert überexponentiell
aber wie gesagt sie wachsen linear
*Zum Vergleich: aktuell hat Bitcoin 16 Millionen Wallets
Forscher der Cambridge University schätzen die aktiven User von Krypto-Währungen jedoch nur auf 2.9-5.8 Millionen
[Hileman et Rauchs 2017]
Studie:
https://www.jbs.cam.ac.uk/faculty-research/centres/alternative-finance/publications/global-cryptocurrency/#.WcLBBshJZPY
*die Studie ist unterstützt von Visa
...so weiter im Text
Den Metcalfe-Effekt hat man für viele Netzwerke validiert. So z.B. für Facebook und Tencent (das chinesische Pendant zu FB)
Und nun konnte man dies auch für Bitcoin, Ethereum und Dash nachweisen.
[Cermak 2017]
blau ist der tatsächliche Wert
rot der modellierte
Seht ihr wie genau sich der Preis modellieren lässt? Es ließe sich somit eine Vorhersage treffen…wenn sich 2015 nicht etwas Grundlegendes geändert hätte.
[Cermak 2017]
Wir haben eine Abweichung vom Modell. Bei gesunder Nutzung eines Netzwerkes, also mit zunehmender Anzahl an Usern/ bei Bitcoin sind es Knoten, würde der Preis Metcalfe folgen.
Ja er ließe sich voraussagen. Bitcoin ist keine Aktie! Es ist eine Technologie.
Was ist passiert? Was man sagen kann: der Markt-Wert repräsentiert nicht den intrinsischen Wert
Warum?
1. Möglichkeit: die Leute spekulieren, sie kaufen sich Bitcoin ohne die Software auf ihrem Rechner laufen zu lassen und damit das Netzwerk zu unterstützen (kommt´s dir bekannt vor? 😉)
2. Die Leute haben keinen Bock ihr Geld in Gold zu lagern, wenns einfacher geht = Store of Value/ Gold 2.0
Trifft M1 zu, dann ist eine Abweichung von Metcalfe ein Indiz für eine Spekulationsblase
Hypothese: die Abweichung vom Nullmodell indiziert Blasenbildung
Trifft M2 zu, trägt dies zum Nennwert des Assets bei, führt aber nicht zur entwicklung der Technologie.
Du Transaktionsanalysen wissen wir, das Bitcoin mittlerweile mehr zum Gold 2.0 wird, die Blasenbildung jedoch wahrscheinlich ist.
Nichts desto trotz hat das Netzwerk einen intrinsischen Wert. Der Wert den wir sehen ist jedoch multifaktoriell bedingt. Genau wie Krankheiten wie Diabetes nicht EINE Ursache haben sondern eine ganze Reihe (Bewegungsmangel, Energieüberschuss, Genetische Faktoren usw.), besteht der Wert des Bitcoin aus:
-dem Wert des Netzwerkes (abhängig von der Anzahl an Usern die einen „full node“ laufen lassen…das kann man direct kaum ermitteln)
-dem Wert, den die Spekulanten dem Coin geben (Angebot-Nachfrage)
-dem Wert der sich durch die Geldspeicherung ergibt (hier kann eventuell der Leitzins und die Steuerflüchtigen Rate/ Anzahl der Steuerparadiese einen Aufschluss geben)
Fazit
Grundlegendes lässt sich prinzipiell RÜCKBLICKEND modellieren, das ist kein Blick in die Zukunft! Man kann aber sagen, was passieren würde, würden sich sie "Fundamentals" nicht ändern. Dass sie sich ändern, haben wir nun gesehen. Seit 2015 wird Bitcoin "missbraucht" zum einen als Spekulationsobjekt zum Anderen als "Store of Value"/ Gold 2.0
Metcalfes Gesetz könnte somit Blasenbildung indizieren [Cermak 2017]
wächst das Netzwerk dadurch, dass jeder einen Knoten bildet oder die User Bitcoin als Kommunikations-Netzwerk nutzen (was zur Zeit die wenigsten machen) DANN wäre der Mond tatsächliche kein absurdes Ziel
Kleine Denkaufgabe: rechnet doch mal selber nach, wie hoch der Bitcoin-Wert nach Metcalfesgesetz wäre, würden die echten Nutzer (6 Millionen) linear anwachsen und Paypal mit 160 Millionen aktiven Nutzern abhängen. Ich habs noch nicht gemacht * bin schlecht in Mathe. Wenns nen "Buy" ist, sagt mir bescheid :D
*das ist extrem vereinfacht. Außerdem sind´s ja 6 Millionen Krypto-User und nicht Bitcoin User aber um ein grobes Gefühl für Netzwerkeffekte reichts aus. Beim nächsten mal wirds spezieller.
ok Cut
das soll erstmal genug Input sein