
Benjamin lässt es krachen
Was mag den Rächer des von Gott auserwählten Volkes getrieben haben, in den letzten Stunden seiner Amtszeit als oberster Befehlshaber der israelischen Streitkräfte, in die Rolle von Charles Bronson zu schlüpfen, und das umzusetzen, was dieser (laut Drehbuch) bereits 1974 behauptete: Das Gesetz bin ich ?
Möglicherweise saß Herr Netanyahu in seinem Büro und betrachte mit einem Hauch von Neid die Weltkarte, auf der die Gebiete gekennzeichnet sind, in denen augenblicklich der Frieden händeringend vergeblich gesucht wird. Libyen, Süd-Sudan, Mali, Syrien, die Ukraine, nicht zu vergessen Afghanistan und selbstverständlich auch der Irak, Indien und Somalia, um nur einige zu benennen.
Was hat also, diesen, der mehrfachen Korruption angeklagtem Dickschädel, (ich hätte liebend gerne dieses Substantiv durch einen Verwandten aus der beleidigenden Form ersetzt, was jedoch dem Presse-Kodex in seiner ursprünglich Form einen schweren Seitenhieb verpassen würde) zu dieser gezielten Tötung zweier Menschen veranlasst?
- Ich bin der Retter des auserwählten Volkes und daher unkündbar?
- Nur folgend der Befehle von ganz weit oben? - Obwohl jeder inzwischen weiß, dass die Verbindung Gott und Menschheit extreme Funklöscher aufweist?
- Die Hoffnung auf die Außerkraftsetzung jeglichen menschlichen Verstandes in der Hoffnung einer staatlich verordneten Demenz?
Eines scheint mir jedoch unbestreitbar. Die Frau von Baha Abu al-Ata wollte mit Sicherheit lediglich ein paar Stunden in der Nähe ihres Ehemannes verbringen - aber mit Sicherheit nicht in seinen Armen an diesem Tag sterben.
Dass Baha Abu al-Ata überhaupt seinen Mittagsschlaf “ausdehnen” musste, hat mit der Wahnsinn unseres Denkens oder mit dem unstillbaren Imperialismus zu tun.

Die Brüder des schiitischen Flügels (Iran) füttern die sunnitischen Erzfeinde der Hamas, nur damit der semitische Überfeind keine Ruhe bekommt. Gott und ich beobachten die Vorgänge und blicken beruhigt auf die Dosis Aspirin, die uns die zum Tode geweihten, aber noch immer bunbekannten Weltretter großzügigerweise hinterlassen haben.
Ich sehne mich seit langer Zeit so sehr nach dem Tag, der ganz ohne schlechte Nachrichten sein Ende findet, so sehr, dass ich dabei beinahe vergessen habe, wie ich mir den Tag, nämlich die 24 Stunden mit den üblich schlechten Nachrichten, kulinarisch verdaulicher zubereiten könnte.
Magersucht scheint angesagt.

Diese Augen
Ich blickte heute einem Mann ins Gesicht.
Dessen Augen waren so groß, so weit, so offen.
Sein Blick ging starr, geradeaus ins Leere.
Die Kugel, die ihn traf -
ob sie ihn erschrocken hat?
Blieb ihm überhaupt noch Zeit
an irgendwas was zu denken?
Dachte ich früher an den Tod im Krieg,
waren da immer die Bilder von offenen Wunden
und kaum wieder zu erkennenden Gesichtern.
Aber dieses Gesicht war vollkommen unverletzt.
Nur diese Augen verrieten,
dass die Kugel tödlich war.
Mein Gott, die Augen, wie sie so hilflos schauten.
Ich stand nur da und wusste mich nicht zu rühren.
Konnte mich nicht mal zu ihm herunterbeugen.
Vielleicht wollte er, dass ich ihm die Hände halte?
Doch diese Augen, die so riesengroß und offen waren.
Ich wagte nicht sie ihm zu schließen.
Er und ich.
Fast unerträglich nah.
Und doch jeder für sich,
so wortlos, ganz alleine.
Und ich stand da und schaute nur in diese Augen.
Ich dachte an den Friedhof, weit draußen vor der Stadt.
Ich dachte an geschmückte Gräber mit rosenroten Blumen,
Frauen in schwarzen Strümpfen mit gebücktem Gang.
Aschfahle Gesichter und unendlich tiefe Traurigkeit.
Ich dachte an Kinder, die nie begreifen,
Mütter, die nur noch weinen in ihrer Alleingelassenheit.
Wie gerne hätte ich diesen Mann umarmt.
Ich hatte einfach nicht den Mut dazu.
Ich sah die Tropfen auf seiner Stirn.
Am liebsten hätte ich sie ihm mit meinem Taschentuch abgetupft.
Warum hattest du nur so große Augen?
Warum versuchtest du nicht verzweifelt,
sie noch einmal zu bewegen?
Ich kenne doch noch nicht mal deinen Namen.
Jetzt muss ein Grabstein das Geheimnis mir verraten.
Ich wollte ihn von dir erfahren.
Du hättest schreien sollen:
„Ich bin der von dort.
Bring mich bitte nur nach Hause!“
Ich drehte mich weg von diesen Augen.
Ich rannte davon in ein bodenloses Nichts.
Ich kann diese Augen nicht vergessen.
Kann es auch gar nicht mehr.
Der Mensch, der diesen Mann erschossen hat,
hat sich womöglich auch nur umgedreht.
Wie und wann wird dieses Morden endlich enden?
Die Sinnlosigkeit hat auch dieses Leben geraubt.
Er hatte lediglich ein Haus,
zwei Kinder und eine Frau.
Er glaubte an den falschen Gott.
Drum hatte er als Mensch
und Nachbar seinen Wert verloren.
So war er nur diese eine Kugel wert -
die ihm sein Leben raubte.
Ich vergesse niemals diese Augen.
So groß, so offen und so leer.
