So langsam gehen wir steil auf das Ende des Jahres zu und es ist in verschiedenen Bereichen nicht mehr mit größeren Änderungen zu rechnen. Daher gehe ich wie gewohnt einmal meine Postmortem -Serie an um einmal das letzte Jahre und die Ergebnisse zusammen zu fassen.
Verzeiht dabei bitte, dass in der letzten Zeit hier nahezu nichts mehr erschienen ist. Aber der neue Lockdown (egal ob light oder nicht) verursacht leider auch bei mir beruflich erheblich Mehrarbeit und man ist oft genug Abends so fertig gewesen, dass man nichts sinnvolles mehr dazu heraus bekommen hat. Zumal man um das Thema Corona kaum vorbei kommt und ich nicht noch sinnlose Grundsatzdiskussionen zu denen eigentlich bereits alles gesagt wurde, noch etwas sagen will.
Trotzdem kommt man um das letzte Jahre auch finanziell nicht um das Thema drum herum, weil es eben definitiv das prägenste gewesen ist. Sollte es nun nicht gerade noch auf den letzten Tagen einen Mega-Crash geben, dann kann ich bereits jetzt sagen, dass ich eher zu den Gewinnern der Krise gehören würde. Ich bin mir durchaus bewusst, dass dies nicht für alle in der Gesellschaft gilt. Anstatt aber gleich wieder in eine Neiddebatte abzudriften, sollte man sich vielleicht lieber mal hinsetzen und sich fragen, woran dies lag. Immerhin habe ich hier oft schon die Nachteile eines Arbeitnehmers beleuchtet und wieso man mehr als nur eine Säule aufbauen sollte.
Tatsächlich lief das letzte Jahr sogar besser als 2018, dass bei mir im Portfolio eher als das desolate Jahr anzusehen ist mit einem Verlust von ca. -7,5%. 2019 tröstete dort allerdings darüber hinweg mit satten 19,5%. 2020 läuft es momentan auf knapp 3% hinaus, was unter meiner persönlichen Zielmarke von 4% liegt. Im Schnitt bin ich aber immer noch gut dabei und wer am Finanzmarkt unterwegs ist wird über mein defensives Ziel sowieso herzhaft lachen können.
Gerade in der eigenen Peer-Gruppe gibt es sehr viele die noch im Minus sind. Aus meiner Sicht gibt es dafür vor allem zwei Gründe. Zum einen haben viele Leute einfach keine Strategie, was sich leider eben sehr in Krisenzeiten rächt. In der Theorie ist alles ganz einfach… billig kaufen, hoch verkaufen. Bricht eine Seuche wie Corona über die Welt herein, es werden weltweite (!) Lockdowns verhängt und es kommen massive Unsicherheiten im Markt dazu, dann ist es nicht mehr so einfach auf den Kauf-Knopf zu drücken.
Jede Krise wirkt eben immer so als würde die Welt endgültig untergehen. Und jede Krise zeigt auch immer wieder, dass es auch eine Zeit danach gibt. Nur wer sich auf ein solches Event gut vorbereitet hat und regelbasiert einkauft, kann sich dies zu nutze machen. Auch Corona hat mich leider auf den falschen Fuss erwischt und mit einer niedrigen Cashquote. Trotzdem habe ich das verbleibende Pulver verschossen und meine beiden führenden Positionen eingekauft. Dazu dann aber im Postmortem für Wertpapiere mehr.
Der zweite Renditekiller dieses Jahr trifft vor allem jene, die aktive Fonds bei sich im Depot haben. Jeder der hier mit liest weiß, dass ich kein Freund davon bin und immer für ETFs werbe. Leider dominieren bei vielen eben noch die Banken, die eben aktive Fonds empfehlen und dies recht sich sehr.
Warum dies so ist, habe ich bereits ein paar Mal hier angeschnitten. Aber nur einmal zum Nachdenken ein sehr beliebter aktiver Fond, den ich auch selbst bei mir im Depot habe als eine Art Mahnmal. Man sieht hier sofort, dass das berühmte V-Szenario hier irgendwie nicht da ist. Der Corona-Crash ist klar zu sehen, es erfolgte eine kleine Erholung und danach ein langer lustloser Seitwärtstrend.
Dabei ist der DAX nahe der Rekordmarken unterwegs und hat sich V-Förmig erholt. Grund sind hierbei Regulatorien, die dazu führen, dass Verluste begrenzt werden müssen und aktive Fonds dann in einem Crash verkaufen. Danach gibt es oft eine Sperrkausel, dass sie eine gewisse Zeit abwarten müssen, bevor sie nach so einem Crash wieder reindürfen. Gerade durch die schnelle Erholung, haben sie gerade dies verpasst und entsprechend federn lassen. Solch ein Verhalten lässt sich fast überall dort finden, wer viele aktive Fonds hat. Wer auf Wertpapiere und ETFs gesetzt hat, gehört eher zu den Gewinnern der Krise.
Auch auf dem Kryptomarkt gab es jüngst eine Erholung auf die ich noch einmal separat eingehen werde. Trotzdem lief es dort dies Jahr dort bei mir sehr überschaubar und außer ein paar Ada-Nachkäufen im Frühjahr habe ich nicht viel erworben.
Besonders spannend war P2P dieses Jahr, da der Markt eben auch mit voller Härte von Corona getroffen wurde. Es ist ein schwarzer Schwan gewesen, der wie gemacht gegen den P2P-Markt entwickelt wurde. Dabei schlugen sich diese hochriskanten Anlagen aber aus meiner Sicht erstaunlich gut. Leider eben sehr zeitversetzt, so dass gerade als sich der Himmel etwas freier wurde, nun die nächste Welle darüber läuft. Zeit für Sektkorken ist also verfrüht, da mit Abschreibungen zu rechnen ist.
Neu wird sein, dass ich dieses Jahr auch im Optionsmarkt unterwegs gewesen bin, was ich allerdings noch einmal separat behandeln möchte und hier bisher auch nicht viel darüber geschrieben habe. Zum einen weil ich dort erst selbst meine Erfahrungen sammeln wollte, da ich dort eben noch in der Ausbildung bin.
Was viele hier bei dem Postmortem immer sehr interessiert sind gerade auch die Lebensgewohnheiten. Obwohl ich gerne großzügig mal essen gehe oder einen netten Urlaub mache, falle ich ins frugalistischen Spektrum. Da genau diese Kostenpunkte im letzten Jahr allerdings stark unter die Räder gekommen ist und auch der Schwimmsport nahezu nicht existent war, schaffte ich es meine Sparquote auf 66,8% zu steigern, was eine reale Sparquote von 83,6% entsprach.
Ein Bereich in dem selbst einige Freunde mit wesentlich besseren Einkommen bereits nach Luft japsen und mich darauf hinweisen, dass ich da irgendwo einen Rechenfehler haben müsse. Das ganze ist aber nun mehrfach kontrolliert worden und für richtig befunden worden ;) Ich brauche halt wirklich wenig zum Leben. Sobald der Rechner rund läuft und ich ein wenig Unterhaltung über Netflix bekomme und hier und da mal ein wenig was mit Freunden unternehmen kann, brauche ich nicht viel im Leben. Gerade beim elektronischen Schickschnack verstehe ich oft nicht, wie man da soviel Geld für etwas lassen kann, dass man eigentlich gar nicht braucht.
Corona sei dank habe ich das eigene Sparziel somit um satte 45% übertroffen. Als Zyniker würde ich sagen, dass das eigene Urlaubsgeld dieses Jahr… gut angelegt wurde. Dazu eben diverse Freizeitausgaben, die dieses Jahr einfach nicht drin waren, allerdings im nächsten Jahr hoffentlich nicht ganz ausfallen werden. Böse betrachtet hat die Corona-Zeit also durchaus etwas positives bei mir bewirkt.
Allerdings gibt es auch natürlich eine Schattenseite. Diese schlagen sich bei meiner Lebensmittelinflation zu Buche. Gerade beim ersten Lockdown merkte man hier spürbar einen Anstieg der Preise. Vor allem eben im Bereich Gemüse, wo ich verstärkt mit dem Versuch sich gesund zu ernähren drauf abzielte. Dies schlug mit knappen 10,5% Steigerung gegenüber dem Vorjahr zu und somit eine enorme Steigerung.
Viele Menschen haben diese Beobachtung gemacht, allerdings nur wenige die Mühe sich das einmal auszurechnen. Ganz einfach ist dies nicht zu bereinigen, da ich eben auch eine Weile Home-Office gemacht habe und entsprechend mehr daheim kochen musste. Der Wert ist allerdings bereits bereinigt und somit eine ordentliche Hausnummer.
In anderen Lebensbereichen habe ich keine Steigerung wahrnehmen können. Gerade im Bereich Versicherungen und Unterhaltung sind die Kosten sogar stabil geblieben. Gerade beim Auto und den Treibstoff liege ich knapp 40% unter dem Vorjahr. Zum einen eben da die Kosten recht moderat waren, zum anderen eben durch das Home-Office, leider eben aber auch weil man schlichtweg weniger unterwegs war.
Blicke ich auf das letzte Jahr zurück bin ich eigentlich sehr zufrieden. Fast alle gesetzten Ziele wurden in einem harten Umfeld über erfüllt. Man sollte mich dabei nicht missverstehen. Auch ich fand 2020 ein richtiges Scheiß-Jahr und hätte lieber viel mehr gemacht. Ich bin aber niemand der sich lange mit Jammern aufhält über Dinge, die er nicht ändern kann, sondern versuche das Beste aus einer Situation zu machen.
Entsprechend habe ich in diesem Jahr sehr viel gelesen. So habe ich fast 14 Bücher geschafft (u.a. auch endlich mal Buffetology) und fast genauso viele Hörbücher (größte Enttäuschung war der Miracle Morning). Es macht einfach keinen Sinn sein Leben zu verschwenden um sich mit Dingen zu befassen, die man nicht ändern kann. Sinnvoller ist es zu sehen, wie man das Beste daraus machen kann. Und ich betone nochmal, dass ich mich weiterhin zu den Pessimisten zähle. Bereitet man sich auf eine Hungersnot vor und es kommt ein Alienangriff, dann stirbt man wenigstens satt ;)
Gerade da dieses Jahr arbeitstechnisch extrem hart für mich war, da man eben sehr viel für Familien einspringen musste, überlege ich nun, ob ich einen Teil der Rendite opfere und meine Arbeitszeit etwas verkürze. Dies würde dann im neuen Jahr mehr Zeit bringen sich etwas mehr Sport zu widmen oder eben um sich ein weiteres Standbein aufzubauen. Meine Überlegungen hier sind noch nicht abgeschlossen, da ich eigentlich zu jung bin um über solche Dinge Gedanken zu machen.
Eine solide Balance nach der Krise zu finden wird für mich die wahre Herausforderung für das neue Jahr werden. Ich selbst wünsche mir vor allem, dass der ganze Spuck bald vorbei sein wird und die gesellschaftlichen Risse genauso schnell verheilen wie es mit den Kursen nach dem Crash gegangen ist. Wem es dieses Jahr mit voller Härte getroffen hat… sei es finanziell, da man nicht das Glück hatte einen soliden Arbeitsplatz zu haben oder eben weil einem der Virus erwischt hat: Bleibt positiv eingestellt. Erst Wunden lecken, dann die Zukunft gestalten! Für beides sollte man sich ausreichend Zeit einräumen.
Mein persönliches Ziel im letzten Jahr war es mehr zu lesen. Das habe ich erreicht auch wenn es eben in diesem Jahr einfach war. Im neuen Jahr möchte ich gerne mehr Lebenserfahrungen sammeln und dies gerne auch mal mit einem etwas exotischerem Urlaub als irgendwo an der deutschen Küste. Mal sehen wie gut mir dies gelingt.
In diesem Sinne viel Spaß mit den Postmortems in den nächsten Tagen. Anonym im Netz über seine Erfolge zu prallen ist etwas, dass mir nichts bringt. Versteht es daher als kleines vorgezogenes Weihnachtsgeschenk um Eure Ergebnisse ein wenig zu benchmarken oder eben auch einfach nur ein wenig inspirieren zu lassen. Sei es durch meine Strategien und Vorgehensweisen oder eben weil ihr bisher immer an der Seitenlinie gestanden habt und Euch nicht sicher wart, ob ihr das Risiko eingehen solltet.
Gerade dieses schwierige Jahr hat gut gezeigt, dass die Untergangspropheten eben nicht recht behalten haben. Es gibt immer wieder unerfreuliche Events, doch die Welt brennt dadurch nie ganz runter. Lauft nicht jeder Verschwörungstheorie nach. Wir erleben gerade wieder einen massiven Abbau der Grundrechte und der Überwachungsstaat ist stark wie noch nie. Es gibt ganz reale gesellschaftliche Entwicklungen, die man viel lieber angehen sollte.