Ein weiterer kultureller Augenschmaus, den ich heute mit Euch teilen möchte, war mein Besuch im Kunsthistorischen Museum in Wien - genauer gesagt eine Führung unter dem Namen „Arcimboldo - Bassano - Bruegel. Die Zeiten der Natur“ und jetzt ganz genau die Bilder von Giuseppe Arcimboldo.
Kurz zur Führung
Eine großartige Zusammenstellung der Entwicklung der aufkommenden Naturwissenschaften im Kontext von Kunst und Gesellschaft. Wie orientierten sich der Mensch der Renaissance in einer sich wandelden Welt? Wie erlebte er den Lauf der Jahreszeiten, den Rhythmus der Natur, die Ordnung der Zeit? Dafür ist das Studium der Natur Voraussetzung. Man findet absolut präzise Detailskizzen von Leonardo DaVinci (Eichenzweige und Färberginster) bis hin zu Albrecht Dürers Studie eines sehr seltenen Zugvogels (Blau-, Türkis- und Azurblau gefärbter Vogel). Ebenso Globen der Erde und des Firmaments. Die Natur- und Jahreszeitenbilder von Bruegel von Bassano sind in dieser Zusammenstellung sicherlich einzigartig und für alle Interessierten bis zum 29. Juni 2025 dort zu sehen. Aber wie gesagt, alles schön und gut und sicherlich handwerklich top - aber was mich wirklich fasziniert ist das, was mich emotional anspricht und da ist Giuseppe Arcimboldo ein Meister - also auf zum Höhepunkt der Ausstellung.
Aus meiner Sicht ist Arcimboldo wie auch Hieronymus Bosch eine Bindenglid der modernen Kunst von heute mit der des ausgehenden Mittelalters. Salvador Dalí, bekannt für seine exzentrischen und traumartigen Werke, war von Arcimboldo fasziniert. Dalí schrieb in seinem Essay „The Tragic Myth of Millet’s Angelus“ (1963) über die Bedeutung historischer Künstler, die Doppeldeutigkeiten und visuelle Täuschungen nutzten, und erwähnte Arcimboldo explizit als einen Künstler, der „das Unsichtbare sichtbar macht“. Dalí sah in Arcimboldos Wendebildern (wie „Der Gärtner“ - dreht den mal um - am Ende diesen Posts habe ich ihn mal eingefügt;-) eine Vorwegnahme seiner eigenen „paranoisch-kritischen Methode“, bei der Bilder je nach Perspektive unterschiedliche Bedeutungen annehmen. Seine Bewunderung für Arcimboldo und Bosch wurde in der Ausstellung „Fantastic Art, Dada, Surrealism“ (1936) im MoMA deutlich Link (siehe ab Seite 29), wo Werke oder Reproduktionen dieser Künstler neben Dalís Arbeiten gezeigt wurden. Diese Ausstellung unterstrich die Bedeutung von Arcimboldo und Bosch für die Moderne und den Surrealismus, was Dalís Ansichten widerspiegelt.
Arcimboldos Stil ist einzigartig durch die Verbindung von Naturstudien, Fantasie und teil witziger Kreativität und Genialität. Seine Werke sind detailreich und erfordern genaues Hinsehen, um die einzelnen Bestandteile zu erkennen. Sie wurden zu seiner Zeit als Kuriositäten bewundert, gerieten später in Vergessenheit und wurden im 20. Jahrhundert von Surrealisten wie Max Ernst wiederentdeckt, die seine Vorstellungskraft feierten.
Seine Bilder sind nicht nur künstlerisch faszinierend, sondern auch symbolisch: Sie repräsentieren Themen wie die Harmonie zwischen Mensch und Natur, die Vergänglichkeit oder die Macht der Natur. Arcimboldo arbeitete am Hof der Habsburger in Wien und Prag, wo er diese Werke für Kaiser Maximilian II. und Rudolf II. schuf, die seine Kreativität sehr schätzten. Er gilt bis heute als einer der “geheimnisvollsten” Künstler, da er keine schriftlichen Aufzeichnungen über seine Werke hinterlassen hat. Auch sein Geburtsjahr ist eher eine Schätzung als genaues Wissen. In der Geschichte der Malerei ist er vor allem durch seine "Porträts" aus Obst, Gemüse, Pflanzen, Tieren und unbelebten Stoffen bekannt geworden. Es ist bekannt, dass er zu Lebzeiten großen Ruhm genoss, dann aber schnell in Vergessenheit geriet, bis er im 20. Jahrhundert wiederentdeckt wurde. Bilder von ihm wurden gerne in Räumen aufgehängt, in denen man sich gesellschaftlich traf, z.B. im Wohn- und Speisesaal, und sich von Gästen aus Wissenschaft, Kunst und Literatur, aber auch von hohen Beamten zu Diskussionen und weiteren Anregungen über neue Methoden der Naturwissenschaft sowie des Umgangs mit Natur und Landwirtschaft inspirieren ließ.
Die meisten Kunsthistoriker gehen von ca. 20-25 authentischen Werken aus, wobei die Serien der Jahreszeiten und Elemente mit ca. 12-16 Werken den Kern seines Schaffens bilden. Davon sind 10 in der Ausstellung zu sehen - so viele werden in Zukunft kaum mehr an einem Ort zu finden sein.
Sommer - 1563
Giuseppe Arcimboldos „Sommer“ (1563), Teil der Jahreszeiten-Serie. Das Bild zeigt ein Porträt, das vollständig aus Früchten, Gemüsen und Pflanzen der Sommerzeit zusammengesetzt ist, und repräsentiert die Fülle und Wärme dieser Jahreszeit. Der Hintergrund ist dunkel, was die lebendigen Farben der natürlichen Elemente hervorhebt und dem Bild Tiefe verleiht. Der Kopf des Porträts wird durch eine Vielzahl von Sommerfrüchten wie Pfirsichen, Kirschen, Trauben und Äpfeln geformt, die detailreich und realistisch dargestellt sind. Die Stirn besteht aus einer großen, runden Melone, während die Wangen aus rosigen Pfirsichen gebildet werden, die die Sommerhitze widerspiegeln.
Die Nase wird durch eine Gurke geformt, deren grüne Farbe einen frischen Kontrast zu den wärmeren Tönen setzt. Die Augen sind durch kleine Kirschen dargestellt, die lebendig und glänzend wirken, als würden sie das Licht der Sonne einfangen. Der Mund wird aus einer Maiskolbe geformt, deren Körner die Zähne imitieren und die Erntezeit symbolisieren. Die Haare des Porträts bestehen aus grünen Blättern und Getreideähren, die sich wie eine Krone über den Kopf legen und die Fülle der Ernte betonen. Ein Detailbild zeigt die Getreideähren, die mit feinen Strichen dargestellt sind und die Textur des Strohs fast spürbar machen.
Der Hals und die Brustpartie sind aus geflochtenem Weizen geformt, was einen rustikalen, erdigen Eindruck vermittelt und die landwirtschaftliche Bedeutung des Sommers unterstreicht. Ein weiteres Detailbild zeigt die Inschrift „Giuseppe Arcimboldo F. 1563“ auf dem Kragen, die das Werk signiert und datiert. Blumen wie Rosen und kleine Blüten schmücken den unteren Bereich des Kragens, wie in einem Detailbild zu sehen, und fügen eine zarte, feminine Note hinzu. Die Schulterpartie wird durch eine Artischocke akzentuiert, deren schuppige Struktur im Detailbild die Präzision von Arcimboldos Maltechnik zeigt. Insgesamt schafft „Sommer“ eine harmonische Balance zwischen Realismus und Fantasie, indem es die Fülle der Natur in einem menschlichen Porträt vereint. Die Detailbilder unterstreichen die akribische Arbeit Arcimboldos, von der Textur der Früchte bis zur Feinheit der Blätter, und machen das Werk zu einem Fest für die Sinne.
Hier nun einige Bilder mit Großaufnahmen von der Ausstellung (aber nicht alle - ihr sollte ja mal selbst dort hin;-)
Herbst 1573 - aus dem Louvre
Feuer 1566
Erde 1570 - aus Lichtenstein - The Princely Collection
Wasser 1566
Epilog - Vier Jahreszeiten in einem Kopf aus Washington
Der Epilog der Ausstellung wird Acimboldos Genie überlassen, das den natürlichen Zyklus der vier Jahreszeiten in einem einzigen Kopf vereint. Mit diesem melancholischen, in Meditation versunkenen Porträt (Selbstporträt?) fasst der Künstler den Lauf der Zeit in einer ikonischen Darstellung zusammen.
Als unsere Museumsführerin sich zu dem Satz hinreißen ließ, sie würde am liebsten in manche dieser Bilder hineinbeißen, kam mir Benedikt Erenz Aussage über die Bilder von Hieronymus Bosch in den Sinn, ob man seine Bilder hören könne. Und ich frage mich hier:
Kann man die Bilder von Arcimboldo riechen und schmecken?. Hier mal mein Versuch zum Bild "Vier Jahreszeiten in einem Kopf"
Ja und ob, sie entführen die Sinne in einen Reigen der Natur: Die zarte Frische des Frühlings kitzelt die Nase mit dem Duft von Kirschblüten und jungen Knospen, während die Zunge die spritzige Säure von unreifen Beeren erahnt. Der Sommer erfüllt den Mund mit der saftigen Süße reifer Pfirsiche und Trauben, ihr warmer, fruchtiger Duft steigt auf wie ein sonniger Nachmittag. Der Herbst bringt den würzigen Geschmack von reifem Getreide und die herbe Note frischer Äpfel, untermalt von einem schweren, erdigen Aroma feuchter Blätter und reifer Ernte. Und der Winter? Ein kühler Hauch von trockener Rinde liegt in der Luft, ein bitterer Nachgeschmack von Frost, durchzogen vom holzigen Geruch kahler Äste – ein stiller Abschied, der die Erneuerung verspricht.
In diesem Sinne
Bleibt BeesmArt
Quellen: Museumsführung, Kunsthistorisches Museum, Wikipedia, mein Phantasie mit viel Spaß
Ach ja - und hier noch ein Wendebild "Der Gärtner" - nicht Teil der Ausstellung
Kopf | Schüssel |
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