Prag ist UNESCO Weltkulturerbe. Und das nicht zu unrecht.
Ich muss zwar gestehen, dass mir Wien ein bisschen besser gefallen hat, aber die Reise nach Prag war auf jeden Fall lohnenswert. Wenn ihr mal hier kommt, dann bringt mindestens drei Tage mit.
Am Tag meiner Ankunft am Mittwoch, hat mich Prag mit Regen begrüßt. Das erste Mal auf meiner Städtereise, dass ich nass geworden bin. Weil ich die tschechische Sprache nicht beherrsche, habe ich mir abends noch über die App Airbnb einen Guide für den nächsten Tag gebucht. Ein paar Begriffe kamen mir dann doch noch bekannt vor, aber wohl nur deshalb, weil ich nur noch wenig russisch kann und tschechisch scheinbar etwas ähnlich ist.
Am nächsten Tag bin ich fast die gesamte Altstadt abgelaufen und am Abend also dann Treffen mit dem Guide Michal. Er war ein gewitzter Typ. Er nutzt die knapp zweistündige Führung um seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Aus diesem Grund ist die Führung auch sehr günstig, kostete nur fünf Euro pro Person und darin ist noch ein Kaffee enthalten, der hier ca. 3-4 Euro kostet!
Darauf von mir angesprochen, war seine Antwort recht pragmatisch. Ihm ginge es nicht ums Geld, er wolle Deutsch lernen. Ein Deutschlehrer kostet hier pro Stunde 30 Euro und das ist ihm zu teuer. Also unterhält er sich mit Muttersprachlern. Ergo können nicht nur seine Gäste von ihm einige historische Fakten über Prag lernen, sondern er auch von ihnen, wenn z.b. Rückfragen kommen oder man sich ungezwungen unterhält. Eine clevere Idee.
Sein Deutsch benötigt er für ein Deutschzertifikat, um beruflich aufzusteigen. Er hat es selbstverständlich abgelehnt, dass ich meinen Kaffee selbst bezahle.
Michal hat uns, also ein junges Ehepaar und mich, durch die Altstadt von Prag geführt. Am meisten hat mich die astronomische Uhr im Rathausturm von 1410 beeindruckt. Sie zeigt die Stunden an (nur Winterzeit), den Monat, den Tag, das aktuelle Sternzeichen, die alte böhmische Zeit, die Sonnenzeit, Mondzeit, die Mondphasen und die Sternzeit.
In den letzten sechshundert Jahren ist die Uhr mehrfach überholt worden. Und zu jeder vollen Stunde (allerdings nur tagsüber) erscheinen in einem Fenster oberhalb der Uhr Apostelfiguren. Da ist zu jeder Stunde der Platz vor der Uhr derart voll mit Menschen, dass kaum ein Durchkommen ist.
Michal erzählte uns vor dem Denkmal von Jan Hus auf dem Altstädter Platz, von der Suche der Tschechen nach einem Nationalhelden. Sie haben sich Hus ausgesucht, weil er leidenschaftlich für eine Reform der Kirche kämpfte und für die Gewissensfreiheit eintrat und in der Bibel die einzige Autorität in Glaubensfragen sah und nicht den Papst. Und das alles schon hundert Jahre vor Luther! Er übersetzte sich die Bibel in tschechische Sprache, so wie Luther es auch tat. Letztlich wurde er wegen Nicht-Widerrufung seiner Thesen in Konstanz dem Feuer übergeben. Für diese Standhaftigkeit verehren ihn die Tschechen, obwohl diese mehrheitlich Katholiken sind.
Das zweite beeindruckende Ensemble ist die Prager Burg. Eigentlich ein Burgkomplex. So riesig. Auf dem Gelände der Burg steht dann noch der Dom, dessen Turm und seine 282 Stufen ich durch einen engen Aufgang erklommen habe. Ich hatte von dort oben den besten Blick auf die Stadt. Also nicht nur von Turm aus, sondern auch von der Burg aus, die ja auch auf einem Berg liegt.
Polizisten haben am Eingang mittels Detektor die Gäste untersucht und auf dem Gelände haben Soldaten patroulliert. Ich konnte aber nicht herausfinden ob das normal ist.
Ansonsten ist noch zu sagen, dass die Kaffeehauskultur nicht ganz so ausgeprägt ist wie in Wien, aber dennoch allgegenwärtig.
Das Preisniveau liegt auf dem Level von Deutschland. Sehr gut zu sehen bei Lidl, die Tschechen lieben Lidl wie mir Michal bestätigte. Tschechien hat zwar noch die Krone, aber der Kurs liegt bei ca. 1:25 zum Euro. Das kann man noch gut im Kopf rechnen und stellt dann eben fest, die Produkte sehen aus wie in Deutschland nur mit tschechischem Aufdruck und kosten auch das gleiche.
Die Karlsbrücke ist da noch zu nennen. Aber die hat mich nicht vom Hocker gehauen. Obwohl sie über 650 Jahre alt ist und über 500m lang, ändert das nichts an dem Charme einer völlig von Touristen überlaufenen Brücke. Sollte man aber mitnehmen wenn man sich von der Altstadt in Richtung Prager Burg bewegt.
Was fiel mir noch auf? Ach ja, dafür das alle Tschechen in der Schule Deutsch als Fremdsprache lernen, habe ich hier verdammt wenig Deutsch gehört. Dann wird eher Englisch gesprochen, selbst in meiner Unterkunft dem "Franz by Zeitraum" in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs, konnte niemand vom Personal, noch die beiden Chefinnen Deutsch.
Mit Englisch ist es aber hier überhaupt kein Problem, also bei den jüngeren Menschen zumindest. Die Älteren werfen den deutschen Urlaubern dann schon mal ein nettgemeintes "Auf Wiedersähen" hinterher.
Alles in allem sehr nette Menschen mit einem Ohr und Auge immer in Deutschland, weil der große Nachbar so wichtig für die Tschechei ist. Was macht Volkswagen, was machen die Septemberwahlen? Michal wünschte sich die Grünen in die Opposition. Die sind einfach zu wirtschaftsfeindlich und außerdem geht ihm der radikale Veganismus auf den Sack.
Zum Abschluss des Tages durfte ich heute nachmittag auf dem Altstädter Platz noch einem spontanen Flashmob von jungen Leuten beiwohnen. Zu rhytmischer Musik haben sie dort ca 20 Minuten verschiedene Choreographien vorgeführt.
Heute ist mein letzter Abend hier. Morgen geht's nach Dresden. Aber nur einen halben Tag.