Mülleimer laufen über, Schmierereien an der Wand, hupende Irre auf der Straße und pöbelnde Zweirädler daneben. Rot wird zu geld uminterpretiert, das Gras wuchert da, wo es nicht sollte, während dort, wo man gerne welches hätte, da wird es platt gemacht... und... und... und... was riecht da so komisch in der Nähe dieses Gullis?
Die Politik interessiert es nicht. Swillsie fährt weiter ihren Kurs mit mehr Gendern, Gebühren und Abgaben, jede Menge kotzhässlicher Bauklötzchengebäude und dazu PKW-feindliche Fahrradspuren, auf denen man sich als Radfahrer fürchten muss, weil die PKW gezielt eng auf der Spur daneben geführt werden. Ach ja, und wer sich daran mockiert, der ist rechts und kann jederzeit die Koffer packen.
Ich bin ja eigentlich nicht so der konfrontative Typ und emittiere auch kaum mehr CO2 als ein durchschnittlicher Inder, aber irgendwo hört es dann auch bei mir auf mit der Toleranz. Wenigstens den lautsprecherverstärkten Muezzinruf gibt es bei uns noch nicht, auch wenn dem Glockenturm schon das läuten abgewöhnt wurde. In einer Bischofsstadt, wohlgemerkt.
Neben dem Gendersprech eines jener Dinge, bei denen ich überhaupt keine Toleranz kenne, ist das ignorieren roter Fußgängerampeln. Nachts ist mir das wurscht und ich mache es auch selbst. Am Tag aber weiß man nie, ob nicht gerade ein Kind von irgendwo zuschaut. Verantwortung tragen heißt das Zauberwort in diesem Fall und so sollte man sich stets zurückhalten beim ignorieren wenigstens einiger kleiner Alltagsregeln, wenn sie wie in diesem Fall dramatische Folgen haben, wenn Kinder die Übertretung nachmachen wollen.
Gestern abend war es wieder so weit und was soll ich sagen: Zum gefühlt hundertsten Mal, dass jemand mitten am Tag direkt an einem Kinderwagen vorbei über die rote Ampel ging, war die Person eine dieser "noch nicht so lange dalebende" Mitmenschen. Es ist keineswegs so, dass angestammt Einheimische nicht auch zum Übertreten neigen, aber man erkennt meist doch die Eile oder ein schlechtes Gewissen dabei. Leider scheint das noch nicht auf Afrika übergegangen zu sein, vielmehr sieht die Sache eher andersherum aus.
Wie üblich habe ich den jungen Mann in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, woraufhin er mir erst mit Unverständnis und dann mit dem üblichen "N-Wort" entgegnete. In der Vergangenheit bestand die Reaktion der Umstehenden meist im ignorieren der Szene, hin und wieder wurde mir still oder gar weniger still über die Unsitte beigepflichtet.
Dieses Mal aber wars anders. Gleich von zwei Seiten bekam ich neben dem N-Wort auch das R-Wort zu hören und zwar von Personen, "die schon länger da sind", während die Frau mit Kind empört in demonstrativer Weise ebenfalls noch bei rot das Kind über die Straße schob. Eine Gesichtsmaske hatte sie nicht an. Aber ich gehe davon aus, dass Mutter und Kind alle Auffrischungsbooster hatten. Sie warf mir noch einen bösen Blick zu beim vorbeigehen und schritt wortlos von dannen.
Das ist wohl die neue Solidarität. Wer aus solidarischen Gründen das Gelddrucken für Großbanken tolieriert, die Abschaffung der Grenzen feiert, die Gier der Pharmakonzerne bedient, Waffenlieferungen an ein korruptes Regime applaudiert und dem mutwilligen Abschalten der Energieversorgung grünes Licht gibt, für den ist nur logisch, auch anderen gesellschaftlich adversen Verhaltensweisen mit Solidarität zu begegnen.
So ist es letztlich dann auch keiner Verwunderung wert, wenn sich auch eine ehemals grundsolide Stadt mit dezidiert wertkonservativem Profil unter das kunterbunte Banner der suizidalen Zersetzung begibt. Schade drum, war mal schön hier, wobei ich ehrlich gesagt gehofft hatte, dass der konservative Schlag hier bei mir in der Gegend etwas Schutz bietet vor der über uns einbrechenden Unbill.
Vorbereitet bin ich zwar auf alles, auf das man sich vorbereiten kann. Doch mit dem Frust, der sich bei mir aufgrund der allgegenwärtigen Dümmlichkeit immer weiter bei mir aufbaut, hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Innere Emmigration klang für mich immer wie ein Ort, an dem man seine Ruhe hat, eine Art Daueraufenthaltsort im Auge des Orkans. Vielleicht war das früher mal so, aber jedenfalls bei mir wills irgendwie nicht so recht. Wobei, möglicherweise bin ich auch einfach noch nicht so weit. Wir werden es sehen.