Putin, immer wieder Putin
Der blutrünstige, undemokratisch gewählte, cholerische, unüberlegte und in Russland total unbeliebte Aggro-Präsident Wladimir Wladimirovitsch Putin hat wieder zugeschlagen.
Brutal wie immer.
Diesmal an der Uhrenfront.
Früher, als die Welt noch in Ordnung war
Sein jahrelanger Begleiter - die Kremlastrologen sprechen von seit 2009 - trug der grausame Diktator ein Schweizer Produkt am Arm: Eine Blancpain Léman Grande Date Aqua Lung.
Ein, wie Leroy findet, sehr schöner, dezenter und geschmackvoller Zeitmesser. Innen tickt das hauseigene Kaliber 1150 Automatic mit fast 100 h Gangreserve bei 3 Hz. Der Korpus ist aus Edelstahl.
Der Präsident und seine Uhr sollen unzertrennlich gewesen sein. Ja, Putin, so munkelt man, sei ein Uhrenliebhaber und Sammler. Umsomehr verwunderte sein exzessiver Konservatismus am Armgelenk - sowohl Hater wie auch Fans waren ratlos!
Zwar hat Putin mindestens drei Stück seiner geliebten Blancpain hergegeben. Eine soll er in der Baustelle eines Kraftwerkneubaus versenkt haben als Glücksbringer, eine soll er einem einfachen Schmied aus Tula (die russische Waffenschmiede - dort sind beträchtliche Teile der russischen Rüstungsindustrie angesiedelt) geschenkt haben, und eine weitere einem anderen kleinen Malocher.
Cooler Move, denn so ein Ding kostet um die 15.0000 Euro.
Die Revolution
Doch seit dem 21.2.22 ist alles anders. Der Tag, an dem die Russländische Föderation die beiden Donbass-Republiken als souveräne Staaten anerkannte, ist auch der Tag, an dem der Präsident eine neue Uhr trug.
Eine schwarze IPF.
Nun werden die Uhrenliebhaber unter Euch mit großen Augen dasitzen. IPF?
IPF steht für Imperskaja Petergofskaja Fabrika - frei übersetzt als "Kaiserlich-Petershofer Fabrik". Die IPF wurde von Peter dem Großen vor 300 Jahren gegründet, zunächst und zuvorderst als Steinlieferant für den Bau Petersburg. Von einfachen Steinen bis zu Luxusschliffen für den kaiserlichen Palast wurde alles auf Topniveau produziert, und zwar bis zur Revolution 1917 nahezu unverändert.
Nach dem Putsch der Bolschewiki war die Zukunft der Fabrik lange unklar; bis zum Ende des Großen Vaterländischen Kriegs stellte die Fabrik wohl Rubinsteine für die neu entstehende Uhrenproduktion her. Genau genommen für die 1. und 2. Moskauer Uhrenfabriken, später auch für die Neugründungen in Uglitsch, Chistopol und Cheljabinsk.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden große Teile der bis dato für militärische Zwecke gebundenen Produktionskapazitäten frei; es wurde die erste beliebte sowjetische und erschwingliche Armbanduhr in großen Auflagen zum Verkauf freigegeben unter der Marke "Pobeda" (Sieg). Diese Uhr wurde in verschiedenen Fabriken des Landes gleichzeitig produziert.
Zu diesem Zeitpunkt begann auch die IPF, Armbanduhren unter der Marke Pobeda herzustellen. Dass die Uhr aus der Petershofer Fabrik kam, konnte man meist nur auf dem Uhrwerk an der Abkürzung PChZ erkennen.
Mit dem ersten bemannten Weltraumflug durch Jurij Gagarin ändert die Petersburger Uhrenfabrik ihren Namen in RAKETA. Zu sowjetischen Zeiten arbeiteten fast 9000 Personen in dem Werk und produzierten Millionen von Uhren für den Weltmarkt. Im Westen waren sie meist als Sekonda bekannt. Die Qualität des hauseigenen Uhrwerks 2609 war hervorragend; das Kaliber gilt auch heute noch als unverwüstliches und zuverlässiges Arbeitspferd, das auf 2,5 Hz läuft und extrem gute Gangwerke aufweist.
Mit dem Zerfall der Sowjetunion sind große Teile der russischen Uhrenindustrie zugrunde gegangen; wie auch in der Schweiz trafen die Quarzkrise und Veränderungen auf dem Weltmarkt mit veralteten Produktionsanlagen zusammen und gaben der Industrie den Rest. Die weltbekannten Moskauer Uhrenfabriken mit den Marken Slava und Poljot wurden komplett abgewickelt. Eine Tragödie.
Das Wunder von St. Petersburg
Die Petersburger Uhrenschmiede Raketa überlebte wie durch ein Wunder; eigentlich nicht durch ein Wunder, sondern durch die Liebe der Arbeiter zu ihrer Fabrik und vor allem durch einen durchgeknallten englischen Investor, der sich in die Fabrik, die Tradition der Schmiede und das Uhrenwesen insgesamt verliebt hatte. Mit knappen und eigenen Mitteln rettete David Henderson-Stewart uralte Maschinen, einen kleinen Teil der Produktionshallen und vor allem: die hochqualifizierten Uhrmacher und die Arbeit des kompletten ehemaligen Entwicklungsbüros.
Um kostendeckend auf dem Uhrenmarkt agieren zu können, wurde die ehemalige Massenproduktion auf wertige Handarbeit umgestellt. Statt ehemals Millionen von Uhren pro Jahr werden bei Raketa jährlich nur ca. 15.000 Uhren hergestellt - und zwar per HAND und auf alten sowjetischen Maschinen. C&C-Fräsen, wie bei Schweizer Premiumherstellern verbreitet - sind hier verboten. So hat jede Uhr einen eigenen, handwerklichen und liebevollen Hintergrund.
Hier ein kurzes Interview mit ihm auf Englisch:
Die Fertigungstiefe liegt übrigens bei sagenhaften 90+x%; nur das Saphirglas kommt aus einer anderen Fabrik. Seit kurzem werden auch die Armbänder selbst hergestellt.
Als Weiterentwicklung des Kaliber 2609 wurde das erste nachsowjetische, russländische Automatikwerk erarbeitet: Raketa Cal. 2615. Es läuft auf 2,5 Hz, hat eine Gangreserve von ca. 50 h und eine Ganggenauigkeit von +/- 1-3 Sekunden am Tag (jedenfalls bei meinen Exemplaren).
Raketa hat es geschafft, sich eine Marktnische zu erobern. Der Schwerpunkt der Marke liegt auf dem Starkmachen dessen, was die russische DNA ausmacht: Robustheit, geschichtsbezogene Traditionspflege, Zuverlässigkeit, historische Uhrkomplikationen. Man versucht nicht, aufwändige Tourbillons und ähnliche Komplikationen zu entwickeln und so den Schweizer Premiumherstellern hinterherzuhecheln: im Gegenteil. Es gibt noch nicht einmal eine Datumanzeige in den modernen Raketas.
Das Hauptaugenmerk gilt zum einen der ständigen Vervollkommnung des ultrarobusten und genauen 2615 und die Konzentration auf typische russische Komplikationen anderseits: Die 24-h-Kompliaktion und der umgekehrte Gang.
Typisch russische Uhrenkomplikationen
24-h-Uhren wurden bereits in der Sowjetunion bei Raketa für Personen entwickelt, deren Arbeitsumgebung das Auseinanderhalten von Tag und Nacht erschwerte. So wurde eigens für die Mitarbeiter der Forschungsstation auf der Arktis die legendäre Polar entwickelt.
Übrigens eines von Leroys Lieblingsmodellen. Kälte- und hitzeunempfindlich, stoßfest, 200 Meter wasserdicht am Edelstahl-Bracelet, dazu den Blick aufs manuell verzierte Uhrwerk. Den Zeitmesser gibt es zur Zeit noch zum absoluten Schnäppchenpreis von 1100 Euro - das unterste Ende bei Raketa.
Die andere Komplikation ist der sogenannte umgekehrte Gang. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Erde sich im All gegen die Uhrzeigerrichtung dreht, wurde das Kaliber "umgepolt". Das Ergebnis ist das Modell Russkij Kod.
Jetzt kommt Putin ins Spiel
Als der CEO von Raketa überlegte, was zum 300-jährigen Bestehen der ehemaligen "Kaiserlich-Petershofer Fabrik" unternommen werden kann, hatte er die Idee, den eigentlichen Ursprung der Fabrik - die Bearbeitung von Edelsteinen- und die jetzige Tätigkeit, das Herstellen von Manufaktur-Kalibern und -Uhren, in einer neuen Luxus-Marke zu vereinen.
Entstanden ist so die Marke IPF. Die Gehäuse sind ausschließlich aus Gold (Weißgold oder Rotgold). Der Rest der Uhr ist frei konfigurierbar. Man kann wählen zwischen verschiedenen Zifferblattsteinen, Zifferblattfarben, Zeigerfarben und Armbändern.
In der Uhr tickt das Kaliber Raketa 2615 mit aufwändigsten, handgearbeiteten Verzierungen am Uhrwerk und am Rotor.
Es werden pro Jahr maximal 40 Exemplare ausschließlich auf Bestellung und nach gewünschter Konfiguration hergestellt. Die Uhr wird vom Meister-Uhrmacher Xavier Giraudet eigenhändig und vollständig zusammengesetzt.
Der Preis einer solchen Uhr beträgt ca. 1,5 Millionen Rubel, was nach jetzigem Umrechnungskurs ca. 25.000 Euro entspricht.
Falls ich mich nicht täusche, dürfte untiger Uhr Putins Modell ungefähr entsprechen:
Russe am Arm
Wer also der Inkarnation des Bösen schlechthin und aller Laster weltweit, Putin, maximal schaden will und es sich außerdem leisten kann, dürfte ab sofort probieren, an einen dieser äußerst exklusiven und seltenen Zeiteisen zu kommen.
So kauft Ihr dem Dikator die Uhren weg, und er muss damit leben, dass es unter Umständen irgendeinen neureichen Westproleten mit grünem Parteibuch gibt, der mit derselben Uhr wie er rumrennt.
Der ultimative Diss.