Liebe Hive-Gemeinde,
Liebe Freiheitsfreunde,
Liebe Freiheitsfeinde,
diskutiert man mit Bitcoin- oder Goldanhängern über Geld, dann wird einem meist nach sehr kurzer Zeit folgendes Buld entgegengehalten:
Schuld an dem Kaufkraftverlust des USD ist natürlich die Gründung der Federal Reserve Bank, die durch Gelddrucken den USD kontinuierlich entwertet, um den weltweiten Kommunismus zu errichten (oder was auch immer).
Nur Gold oder Bitcoin können uns retten.
Schließlich hat unser heutiges Geld keinen inneren Wert und basiert nur auf Vertrauen bzw. staatlichem Zwang.
Man könnte jetzt natürlich den Goldanhängern folgenden Chart entgegenhalten, aber das wäre für das Verständnis nicht zweckdienlich.
Bevor wir dazu kommen, warum beide Bilder komplett an der Sache vorbeigehen, schauen wir uns ein paar wichtige Aussagen an.
1. Bundesbankgesetz §14:
[...]Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.[...]
Hier wurde bewusst die Formulierung "Auf Euro lautende Banknoten” und nicht einfach nur “Euros” verwendet.
Es geht nämlich nicht um die Banknote, sondern den Inhalt.
Geldscheine werden Inhaberpapieren gleich gestellt.
Auch bei Inhaberpapieren liegt der Wert nicht im Papier, sondern im Inhalt des Papiers (zum Inhalt weiter unten).
“Da haben wir es schon! Ohne gesetzlichen Annahmezwang wäre der Euro nur bedrucktes Papier!”
Werden jetzt möglicherweise einige einwenden.
Nur so ist es aber nicht.
Es gibt grundsätzlich keinen Annahmezwang.
Man darf natürlich seine Waren auch gegen Schokoladentaler verkaufen.
Auch jeder der schon einmal versucht hat mit einem 500€-Schein an der Tankstelle zu bezahlen, dürfte festgestellt haben, dass es eben nicht so ist.
Beim gesetzlichen Zahlungsmittel geht es um Geldschulden.
Hier sind Eurobanknoten tatsächlich aufdrängbar.
Die Bank of England formuliert es viel besser als ich es könnte:
A shop owner can choose what payment they accept. If you want to pay for a pack of gum with a £50 note, it’s perfectly legal to turn you down. Likewise for all other banknotes, it’s a matter of discretion. If your local corner shop decided to only accept payments in Pokémon cards that would be within their right too. But they’d probably lose customers.
Legal tender has a narrow technical meaning which has no use in everyday life. It means that if you offer to fully pay off a debt to someone in legal tender, they can’t sue you for failing to repay.
Eine auf Euro lautende Banknote in den Händen zu halten reicht übrigens noch nicht aus, um ein gesetzliches Zahlungsmittel zu haben.
Diese Banknote muss vorher von der Zentralbank “aktiviert” worden sein, d.h. ihre Seriennummer wird in die Datenbank der umlaufenden Banknoten eingetragen.
Die Banknoten, die bei der EZB im Keller lagern sind kein gesetzliches Zahlungsmittel.
Aber das nur nebenbei.
Kommen wir zurück zu den Inhaberpapieren, denen die auf Euro lautenden Banknoten gleich gestellt sind.
Was sind Inhaberpapiere?
Wertpapiere, bei denen der Berechtigte namentlich nicht genannt ist, sondern jeder Inhaber zur Inanspruchnahme der verbrieften Leistung legitimiert ist (Inhaberklausel). Die Rechte aus dem Inhaberpapier sind durch einfache Übereignung des Papiers übertragbar.
(Quelle:)
Nun stellt sich die Frage welchen Inhalt ein 50€-Schein hat?
Inhalt eines 50€-Scheins:
Das wars.
Auf Euro lautende Banknoten sind das (ultimative) Schuldentilgungsmittel.
Ihre Schuldentilgungskraft bleibt so lange bestehen, so lange es den Euro gibt.
Da alles Geld irgendwann zu seinem Emittenten zurückkommt, werden Eurobanknoten und Euroguthaben bei der Zentralbank zum Schluss immer dazu eingesetzt eine Steuerschuld zu tilgen.
Bei Bethmann lesen wir:
- Wer kauft macht Schulden.
- Wer zahlt tilgt und vernichtet Schulden.
- Die Summe allen vorhandenen Geldes ist gleich der Summe aller Geldschulden.
Daraus ergibt sich natürlich auch:
- wer kauft erzeugt Geld
- wer bezahlt vernichtet Geld
Woher kommt die Kaufkraft?
Im Gegensatz zu Bitcoin, Gold, Silber oder Märchentalern sind Eurobanknoten oder auf Euro lautende Bankguthaben (ein Eurobanknotenderivat) nicht auf Hoffnung oder Vertrauen basierend, sondern auf dem Wissen, dass es für jeden Euro, der in der Welt existiert, auch einen Euro Schulden gibt.
Diese Schulden müssen getilgt werden.
Die Schuldner (auch oder vor allem die Steuerschuldner) werden immer bereit sein, ihre Waren oder Dienstleistungen für Euros herzugeben.
Einfach aufgrund des Tilgungsdrucks, der ihnen im Nacken sitzt.
Die Nichtunternehmer in ihrer Gesamtheit sind bei uns Netto-Krediteure.
Da die Gesamtbilanz immer Null ergeben muss, bleiben als Schuldner also nur noch die Unternehmen, das Ausland und der Staat.
Der Staat als Währungsemittent hat keinen Tilgungsdruck.
Staatsschulden werden gerollt, aber niemals getilgt.
Dafür sollte man als Privatperson dankbar sein.
Auch die Unternehmen machen bei uns in ihrer Gesamtheit Überschüsse, bleibt also noch das Ausland, aber da haben wir es in letzter Konsequenz auch wieder mit Unternehmen zu tun.
Was macht also ein Unternehmer?
Jeder Unternehmer möchte gerne einen Gewinn erwirtschaften, um mehr Waren und Dienstleistungen konsumieren zu können.
Dazu muss er aber erst einmal investieren.
Diese Investitionen kommen nicht aus Ersparnissen (von anderen), sondern Investitionen ermöglichen überhaupt erst Ersparnisse (die Austrians verdrehen diese Tatsache gerne).
Gerne wird auch das Märchen verbreitet, dass die Banken die Guthaben ihrer Kunden verleihen.
Verleihen kann man nur etwas, was sich auf der Aktivseite der Bilanz befindet.
Guthaben der Kunden befinden sich aber auf der Passivseite der Bankbilanz.
Die Bank ist also der Schuldner.
Aber auch das nur nebenbei.
Das einzige was die Unternehmen in ihrer Gesamtheit vorfinanzieren müssen, ist die Lohnsumme.
Rohstoffe usw. kommen ja von anderen Unternehmen, deshalb müssen diese von allen Unternehmen in ihrer Gesamtheit nicht vorfinanziert werden.
Die Unternehmen starten also einen neuen Produktionszyklus und brauchen dazu Arbeitskräfte.
Da der Erlös der Produktion erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt, müssen die Löhne mittels Bankkredit (=neue Geldforderungen werden erschaffen) vorfinanziert werden.
Die Arbeiter (wieder in ihrer Gesamtheit) können aber die neu zu produzierten Waren erst konsumieren, wenn sie fertig sind.
Dies kann erst in einigen Monaten soweit sein.
Die Löhne bekommen sie aber jeden Monat => Ersparnisse können gebildet werden.
Aus Investitionen folgen Sparguthaben und nicht umgekehrt.
Die Unternehmen stehen also unter permanenten Tilgungsdruck und sind deshalb bereit, ihre Waren gegen Euros zu verkaufen.
Selbst wenn sie bereit wären ihre Waren gegen Bitcoin zu verkaufen, müssten sie diese später wieder in Euros umtauschen, da sie ja in Euro verschuldet sind.
Einige Unternehmer können, indem sie sich in Bitcoin bezahlen lassen, theoretisch sogar einen Gewinn erzielen, falls der Kurs steigt, für alle Unternehmen ist dies nicht möglich.
Bitcoin ist ein Nullsummenspiel.
Dies gilt übrigens auch für die Finanzmärkte, die von sich heraus netto nicht mehr Geld erschaffen können.
Dieses “Mehr-Netto-Geldvermögen” an den Finanzmärkten kommt nur durch zusätzliche Staatsverschuldung zustande.
Idealerweise verkonsumieren die Arbeiter ihre ganzen Löhne, die gesamte Produktion der Unternehmen wird also verkauft, das Geld fließt wieder zu den Unternehmen zurück, die Schulden werden getilgt und das neu erschaffene Geld wird wieder vernichtet.
Es bleiben keine Gewinne und keine Schulden übrig.
Da dies natürlich nie so ist, gibt es Gewinne, Verluste, erzwungene Abschreibungen und Pleiten.
Wir leben eben nicht im Märchen.
Wer jetzt die berühmte Frage stellt, wo das Geld für die Zinsen herkommen soll, dem gebe ich zur Antwort, dass erstens man einen Euro mehrmals verwenden kann und zweitens die Banken auch konsumieren, d.h. die Zinseinnahmen wieder in die Wirtschaft zurückfließen.
Wie wir sehen, ist die Kaufkraft nur ein “Abfallprodukt”, die sich daraus ergibt, dass Geld ein Schuldentilgungsmittel ist.
Kaufkrafterhalt über sehr lange Zeiträume ist eine Wunschvorstellung oder ein feuchter Traum von Austrians und klassischen Ökonomen.
Wenn Produktionszyklen nur einige Monate andauern und eben auch die Preiskalkulation auf diese Zeiträume ausgerichtet ist, dann muss sich auch das Geld, welches genau für diese Zwecke erschaffen wurde an diesen Zeiträumen orientieren.
Die Schuldentilgungskraft, die Haupteigenschaft des Geldes, bleibt ja für ewige Zeiten erhalten.
Warren Mosler sagt:
Es ist nicht entscheidend, was ein Dollar kaufen kann, sondern was alle Dollars gemeinsam kaufen können.
Mir wird wohl jeder zustimmen, dass alle existierenden Dollars heute mehr kaufen können, als alle existierenden Dollars im Jahr 1913.
TARGET 2
Über TARGET 2 habe ich ja schon oft geschrieben, aber beim jetzigen Wahlkampf kommt dieses Thema natürlich in den Wahlprogrammen wieder auf den Tisch.
In der letzten Schulwoche habe ich mit Schülern Wahlprogramme angeschaut.
Ich glaube es war die AfD, die die alte Leier von den TARGET-Salden wieder runtergespielt hat.
Hier haben wir es.
Aus dem Grundsatzprogramm der AfD:
Quelle
Was jetzt die Fehlentscheidungen ausländischer Banken mit TARGET-2 zu tun hat, weiß ich zwar nicht, aber Politiker sind ja in der Regel keine großen Geldexperten (Ökonomen in der Regel auch nicht).
Da ich schon so viel geschrieben habe, nur ganz kurz extra für die Damen und Herren von der AfD:
TARGET-2 Salden gibt es nur, weil es noch nationale Zentralbanken gibt.
Gäbe es nur die EZB und nicht auch noch die 19 nationalen Zentralbanken, dann hätten wir auch keine TARGET-2-Salden.
Eine Möglichkeit wäre also die NZB abzuschaffen.
Wollen Sie das?
Wird Geld von Italien nach Deutschland überwiesen, dann entsteht für die Bundesbank eine TARGET-2 Forderung gegen die EZB und für die Banca d’Italia eine Verbindlichkeit.
Forderungen gegen die EZB sind genauso gut wie Zentralbankgeld.
Zentralbankgeld hat aber für eine Zentralbank überhaupt keine Wert.
Die Bundesbank kann so viel Zentralbankgeld herstellen wie sie will und die Banca d’Italia genauso.
TARGET-2-Salden sind reine Buchungsvorgänge, die anzeigen wo das Zentralbankgeld entstanden ist, haben aber ansonsten keine Bedeutung.
Es sind keinesfalls echte Schulden.
Also was soll das Ganze?
Nehmen wir einmal an, die AfD setzt sich durch und die TAREGT-2-Salden müssen einmal im Jahr ausgeglichen werden.
Was ist das ultimative Schuldentilgungsmittel in der Eurozone liebe AfD?
Ich weiß die AfD würde gerne DM sagen, aber es sind immer noch Eurobanknoten.
Die Banca d’Italia müsste also in ihrer Bilanz den Banknotenumlauf entsprechend ihrer TARGET-2-Verbindlichkeiten erhöhen und diese Banknoten nach Deutschland zur Bundesbank schicken.
Die Bundesbank müsste dann in ihrer Bilanz die erhaltenen Banknoten auf der Aktivseite ihrer Bilanz eintragen und mit ihrem Notenumlauf auf der Passivseite der Bilanz verrechnen.
Der Bargeldumlauf in der Bilanz würde sich also verringern und man würde die Banknoten im Reißwolf schreddern.
Das wäre alles.
Außer dass man zusätzliche Kosten und Papiermüll verursacht hat, hätte sich nichts geändert.
Dass es immer noch 12% der Wähler gibt, die so eine Maßnahme super finden, zeigt wie wichtig meine Artikel sind.