Meine Entscheidung scheint gefallen!

Ich habe mich für die Reduzierung entschieden, die dadurch in Erscheinung tritt, indem Ursprüngliches nicht verkleinert (was das physische Volumen anbelangt), sondern der Gesamtaufwand (inbegriffen dem finanziellen Aspekt) spür- und sichtbar verringert wird.
Dies muss nicht zwangsläufig mit einer minderen Wertschätzung gleichgesetzt werden, scheint mir in diesem Fall allerdings (basierend auf das Geschehen im Nahen Osten) zulässig und nachvollziehbar.

Obwohl die Reduzierung und die Reduktion im reichhaltigen Angebot der Synonyme immer wieder brav vereint angeboten oder gar im Doppelpack zum Gebrauch über die Theke gereicht werden, nur weil mit »reducere« der gleiche Stammbaum mit Wurzel ausgemacht wurde, bestehen doch gravierende Unterschiede.
Durch eine Reduktion wird nämlich das Volumen eines Gegenstandes erheblich verkleinert, wobei das dadurch erzielte Ergebnis (Resultat) an Wertschätzung enorm zulegt. Man denke nur an den Kohlenstoff, welcher durch konstanten Druck und Hitze zum Diamanten reift.

Oder auf dem heimischen Herd, wo der Bratensaft im gusseisernen Topf durch die Reduktion zwar fast ein Drittel dessen einbüßt, was ein Tag zuvor noch köchelte, doch ab sofort jeden Gaumen in Verzückung zu bringen versteht.
Hätte sich die Köchin oder der Koch für eine Reduzierung entschieden, wäre der Rotstift bereits auf der Liste der Zutaten zum Einsatz gekommen. Ein Liter schmackhafte Soße zum Rinderbraten, gefertigt aus einem winzigen Knochen und einer Handvoll vom Wurzelgemüse, gibt es ausnahmslos nur vom Maggi-Zauberkoch.

Beginnen möchte ich mit der Reduzierung meines über die Jahre aufgegabelten Wissen über das Wieso und das Warum des Weihnachtsfestes auf das Wesentliche.
Alles begann mit einer verordneten Volkszählung und dem damit verbundenen Marsch von Nazareth nach Bethlehem. An dieser Stelle ist bereits zu erkennen, dass ohne das realitätsfremde Handeln der Bürokratie, diese Geschichte sich überhaupt so nicht zugetragen hätte.
Was ändert sich an der Anzahl der palästinensischen Bevölkerung, wenn jeder an seinen Geburtsort zurückkehren muss?
Was allerdings die Religionszugehörigkeit betrifft, nach der unter Garantie auch gefragt wurde, gab es wohl lediglich drei Antwortmöglichkeiten: Jude, unbekannt oder das Römische Dutzend.

Abgesehen davon, dass im Dezember 2023 in der betreffenden Region keine Volkszählung geplant ist, sähe die Spalte mit der möglichen Religionszugehörigkeit erheblich anders aus.
Das mit der nicht stattfindenden Volkszählung ist auch verständlich, denn wer lässt mal kurz durchzählen, wenn man mit dem Weben der Totentücher kaum nachkommt?
Auf jeden Fall bestünde auch heute noch immer die Möglichkeit, sein Kreuz bei Jude/Jüdin zu hinterlassen, obwohl auch hier die Unterscheidung zwischen weltlich und orthodox angebracht scheint.
Unbekannt und das Römische Dutzend wären auf dem Formular dagegen nicht mehr auffindbar. Und damit wird es kompliziert. Was jeden Bürokraten und die betreffende Druckerei erfreut. Allein durch diese Frage nimmt nämlich der Umfang des Formulars zur Volkszählung das Ausmaß des Alten Testaments an.

Kaum anzuzweifeln scheint mir die Prognose, dass das Kreuz der palästinensischen Bevölkerung spontan im Kästchen Muslim/Muslima landet. Doch ist es mit dem einen X nicht getan. Jetzt kommen nämlich die ins Spiel, die ganz großen Wert darauf legen, dass sie es sind, die den Glaubensbrüdern im obersten Zipfel der arabischen Halbinsel den Weg zum Bäcker ebnen – und vielleicht auch (so ganz nebenbei) den Staat Israel plattmachen.
Also, Gründe genug, um sich die Antwort für die nächsten Kästchen gut zu überlegen. Sunnit oder Schiit? Wer schaut mir über die Schulter? Der von der Hamas oder einer von der Hisbollah?

Beinahe vergessen – die Christen gibt es ja auch noch. Bei den ist es nicht minder kompliziert. Es wäre auch zu einfach, nur bloß Christ zu sein. Wo kämen wir damit hin? Einigkeit im Glauben? Das geht überhaupt nicht. Ohne Streitpotenzial kommt kein Verein aus. So hat man in Bethlehem die Wahl zwischen dem arabischen, dem katholischen, dem orthodoxen, dem evangelischen, dem anglikanischen oder dem Christen, der Pfingsten für das Nonplusultra im Psalmendschungel hält.
Doch wirklich ausschlaggebend für ein friedliches Miteinander in der Region ist diese Minderheit ohnehin nicht. Daher beschränkt man sich auch hauptsächlich auf den Religionstourismus, von dem sich (wenn nicht gerade Corona oder eine andere Seuche – so etwas wie Krieg – die Sache vermasselt) gut leben lässt.

Wie unschwer zu erkennen, wird es in diesem Jahr anstrengend, den Stall 10 Kilometer von Jerusalem entfernt, mit all dem zu füllen, was allgemein erwartet wird. Bei mir auf der Terrasse zumindest, harrt lediglich einer der 3 Könige geduldig der Dinge, die sich noch ereignen mögen. Ich gehe davon aus, dass es sich dabei um den handelt, der sich seinen Weg aus Persien bis nach Bethlehem gebahnt hat. Dies scheint mir aus dem Grund am wahrscheinlichsten, da das gekrönte Haupt bei der Gelegenheit sogleich seinen Truppen im Libanon und dem Westjordanland einen Besuch abstatten könnte.
Ansonsten sieht es doch verhältnismäßig mau aus. Offensichtlich traut keiner den Beteuerungen der israelischen Armee über den Weg, die in dieser Region (so absurd es auch sein mag) noch immer über gut und böse mit Waffengewalt entscheidet.

Um nicht vollkommen unsolidarisch in der Gegend herumzustehen, habe ich mich dazu entschlossen, auch die Festbeleuchtung zu reduzieren. Ohne Solidaritätsbekundung läuft heutzutage nämlich überhaupt nichts mehr. Es ist lediglich darauf zu achten, in welchem Land man sich für wen oder was solidarisch erklärt.
Mir ist zu Ohren gekommen, dass man sich (zumindest in Deutschland) momentan mit all jenen solidarisch erklären sollte, die am Abend, direkt im Anschluss an die Tagesschau, eine Revolution fordern oder zumindest einen Umsturz ins Auge fassen, dies jedoch nicht augenblicklich umsetzen können, da auf Sky ein wichtiges Bundesligaspiel übertragen wird.

Auf keinen Fall sollte man sich mit den Palästinensern solidarisieren, da ein solches Verhalten schnell in den falschen Hals gerät. Die Volksgruppe ohnehin nichts mit Weihnachten zu tun hat und (ganz wichtig) im nächsten Jahr am 24. Dezember eine Wiederholung der Originalausgabe unausweichlich scheint.
Frohe Weihnachten und beste Wünsche aus der Fachwerkstatt für Reduzierungen.
Ps: Alle Fotos wurden vom Autor aufgenommen.

