Liebe Leser,
nach langer Zeit poste ich wieder etwas in der vernachlässigten Wien-Community. Ja, es gibt sie noch!
Ein Spaziergang in den Weinbergen Wiens ist immer einen Abstecher wert, gerade im Frühling, wo es dort noch ruhig und beschaulich ist. Wien ist ja die einzige europäische Hauptstadt mit nennenswerter Weinproduktion (580 Hektar des Stadtgebiets sind Weingärten, Quelle). Schon die Kelten hatten hier Wein kultiviert, als die Römer ihr Lager "Vindobona" dort aufgeschlagen hatten.
Ausblick auf Weingärten im Norden Wiens (im Hintergrund der Bisamberg).
Eine Wiese Weißer Narzissen (Narcissus poeticus), im Hintergrund die Rebstöcke.
Apropos Rebstöcke. Die haben gerade erst zum Austreiben begonnen. Man kann sich jetzt gar nicht vorstellen, dass sie bis zum Herst Weintrauben tragen werden. Es wird nichts dem Zufall überlassen. Im Winter wurden sie akribisch geschnitten und mit Drahtseilen werden sie am Platz gehalten.
Für Bienen herrscht jetzt schon Hochsaison.
Der müde Spaziergänger findet hier viele Möglichkeiten, in einen der "Heurigen" (Weinschenken) einzukehren und bei bester Aussicht die örtlichen Weine zu verkosten, oder andere Spezialitäten, wie hier einen Rhabarberkuchen "mit Schlag" (=Sahne) von der "Höfler-Oma".
Auf dem Feld im Hintergrund wird der „Wiener Gemischte Satz“ angebaut - eine Mischung verschiedener weißer Rebsorten, die gemeinsam gepflanzt, geerntet und verarbeitet werden (im Unterschied zum Cuvée, worunter meist der (nachträgliche) Verschnitt verschiedener Weine gemeint ist).
"Ausg’steckt is": Der Eingang der Buschenschanken, die nicht ganzjährig geöffnet sind, wird traditionall mit einem Tannenzweigbündel versehen (ausgesteckt), um anzuzeigen, dass es (neuen) Wein gibt.
In echten Buschenschanken gibt es auch traditionellerweise (leider) keinen Kaffee!
Wer in einem Heurigen einen Kaffee bestellen kann, weiß, dass es keine echte Buschenschank mehr ist (der Tourismus hat auch hier viel verfälscht).
Ein Ziesel (Spermophilus citellus). Diese possierlichen Nager sind flink und scheu, können aber auch sehr zahm werden. Die hier waren aber sehr scheu und es war unmöglich, sie aus der Nähe zu fotografieren (Kamera mit Teleobjektiv hatte ich keine dabei).
In der Roten Liste Österreichs gilt die Art als „stark gefährdet“, aber gerade im Stadtgebiet von Wien gibt es hohe Bestände. 2019 wurde der Bestand auf ca. 14.000 geschätzt (Quelle). Überall auf den Weinfeldern sahen wir die Eingänge zu ihren Erdbauten. Vermutlich haben sie schon halb Wien unterminiert. Aber bei starken Regenfällen sterben auch viele.
Eingang zu einem alter Weinkeller.
In diesen Erdkellern herrschen beste Lagerungsbedingungen für den Wein - konstante Temperatur unter 15 Grad, auch im Sommer, und auch im Winter sinkt die Temperatur nicht nennenswert ab (sinkt die Temperatur zu sehr, kommt es zur Ausfällung von Weinstein)! Übrigens, Weine IMMER liegend lagern, da der Korken feucht gehalten werden muss.
Der Baum rechts ist ein Nussbaum (Juglans regia) oder auch Echte Walnuss genannt. Er wächst hier recht häufig zwischen den Feldern.
Unverwechselbar sind die männlichen Blüten.
Das extrem widerstandsfähige Holz des Nussbaums wird für Musikinstrumente und Luxusmöbel (und -autos) verwendet, die Eignung für Gewehrschäfte hat die Bestände in Kriegszeiten schrumpfen lassen.
So ein kleines Häuschen mitten in den Weingärten - das wäre doch was, oder?
All pics by @stayoutoftherz