english summary:
in this post it is discussed in which way blockchain solutions could be utilized to improve patient recruitment and data security in clinical studies. Current ideas include blockchains matching EHR data with in- and exclusion criteria of clinical trials and patients e-consenting via smart contracts, allowing them to better control who gets their own data plus getting incentivized for providing health data via e.g. cryptocurrencies. Other possibilities are tracking logistics of study medication via blockchains. So far nothing has been fully implemented also due to the fact that regulations are not yet worked out and thus the big players are hesitant. But quite a few start up companies have been founded and are waiting to get a part of the 170 billion $ R&D market.
Liebe Steemianer,
das derzeitige Problem in der klinischen Entwicklung von Arzneimitteln ist, dass klinische Prüfungen immer teurer und aufwendiger werden. Die Behörden stellen immer neue Anforderungen (nicht alle ergeben einen Sinn) und auch die Datenschutzbestimmungen werden immer strenger und absurder. Auf der anderen Seite werden die Krankenkassen und anderen Bezahler der Medikamente aus Geldmangel immer restriktiver. Kein Wunder, dass die Pharmafirmen zunehmend fusionieren (wie zuletzt Takeda und Shire), um über Skaleneffekte ihre Margen hoch zu halten. Oder manche innovative Medikamente werden gar nicht in bestimmten Ländern auf den Markt gebracht, weil es sich nicht rechnet.
Können hier Blockchainlösungen helfen, um die Datensicherheit zu optimieren und gleichzeitige Prozesse schlanker und effizienter zu machen, damit leistbare Medikamente früher zu Patienten gelangen?
Der Datenfluss in klinische Studien läuft derzeit weitgehend so ab, dass Patientendaten (nachdem diese ihr Einverständnis schriftlich gegeben haben) von medizinischem Personal meist manuell von z.B. Spitalsdatenbanken (wenn überhaupt) oder aus ausgedruckten medizinischen Akten, Befunden, etc. übertragen werden - zeitraubend und anfällig für Übertragungsfehler (vom absichtlichen Verfälschen oder "Behübschen" mal ganz abgesehen), sodass die Übereinstimmung später noch sehr kostenintensiv (aber ebenfalls fehleranfällig) nachgeprüft werden muss (sog. source data verification). Oberste Priorität (neben der Patientensicherheit natürlich) in einer klinischen Studie ist die Datenintegrität, die aber nie zu 100% gegeben ist (OK, was ist schon 100%ig?). Genau hier würden sich Blockchainanwendungen geradezu aufdrängen aufgrund der kryptographischen Validierung jeder Transaktion. Auch die Nachvollziehbarkeit aller Vorgänge und Transaktionen (im klinischen Bereich der notwendige "Audit trail") ist ohnehin ein key feature einer Blockchain. In der Abbildung sieht man etliche Puzzlesteine im Verlauf einer klinischen Studie, vom Protokoll bis zum Studienreport, die fast alle in einer chain und mit smart contracts gesichert werden könnten. So könnte man z.B. sicherstellen, dass der statistische Analyseplan (SAP) VOR Abschluss der Datensammlung fertiggestellt ist und nicht "post-hoc" geändert werden kann. Auch die Einverständniserklärungen der Patienten (die für fast 10% der FDA-Beanstandungen bei Audits verantwortlich sind) könnte man durch smart contracts optimieren, was derzeit gerade ausprobiert wird (1).
Möglicher Ablauf einer klinischen Studie mittels Blockchain - noch Science Fiction Quelle
Noch sind nur wenige Patientendaten selbst (das Wesentliche in einer klinischen Studie) auf einer Blockchain, aber es ist anzunehmen, dass wir hier am Beginn einer massiven Umwälzung stehen. Estland ist generell ein weltweiter Vorreiter in der Digitalisierung. Die estländische Gesundheitsbehörde hat auch die elektronischen Patientendaten (EHR, el. health records) auf einer Blockchain gespeichert (bzw. mit einer KSI (Keyless Signature Infrastructure) genannten Blockchainlösung gesichert) und jeder Estländer hat eine schlüssellose smart card, die ihm Kontrolle über seine Daten erlaubt (2). Andere Behörden und Gesundheitseinrichtungen werden hier vermutlich nachziehen, fragt sich nur wann.
Es bleibt allerdings die Frage, wie umfassend diese Daten sind und ob sie interessant für die Betreiber von Studien (Pharmafirmen, Universitäten,...) wären. Auch in Österreich gibt es, zwar nicht blockchainbasiert, aber doch die ELektronische GesundheitsAkte ELGA, die aber (noch) kaum relevante Daten enthält (habe selbst überprüft, was über mich drinsteht - nichts, nicht mal meine Körpergröße).
Derzeit werden mögliche Einsatzgebiete von Blockchains in klinischen Prüfungen diskutiert (3). Eines wäre das Zusammenbringen von Patienten und Studien, denn selbst wenn alle Gesundheitsdaten auf einer Blockchain wären, bleibt die prinzipielle Frage, wie ein Studienbetreiber überhaupt davon erfährt, dass irgendwo auf der Welt ein Patient mit den passenden Einschlusskriterien existiert, der bereit wäre, seine Daten zu teilen. Es müßte erst eine Art "ebay" für klinische Daten geschaffen werden. Ein use case wäre daher, dass ein Patient, der gerne an einer Studie teilnehmen würde (z.B. weil es keine optimale Behandlung für seine Krankheit gibt) und dessen Daten elektronisch vorliegen, Teile seiner Daten anonym in eine dafür spezialisierte Blockchain hochlädt, und dann diese Daten abgeglichen werden mit den Ein- und Ausschlusskriterien von vernetzten Studien. Bei Übereinstimmung würde dann im Rahmen eines smart contracts eine digitale Datenschutzvereinbarung (e-consent) in Kraft treten und die entsprechenden Daten übergehen in die Studiendatenbank - all das könnte auf einen Schlag passieren und die Patientenrekrutierung wesentlich beschleunigen.
Neben dem Finden von Patienten wäre der 2. Vorteil dabei, dass (teilweise sogar in Echtzeit) auf die Daten von Patienten zugegriffen werden kann, wobei der Patient aber die volle Kontrolle über seine Daten hat - das wäre um einiges transparenter als was derzeit passiert (wie oben geschildert). Marktforschungen zeigen, dass 80-90% aller Konsumenten die Gesundheitsdaten z.B. ihrer devices (Apple-Watch, Fitbit und Co.) zur Verfügung stellen würden, vorausgesetzt Datenschutz und Privatsphäre wären sichergestellt. Auch genomische Daten von Individuen werden zunehmend verfügbar (durch Firmen wie 23andme). Die Transparenz und relative Sicherheit einer Blockchain würde es ermöglichen, dass der Patient kontrollieren kann, welche Daten er wem weitergibt und dass er für die Zurvefügungstellung seiner Daten direkt (in z.B. Kryptowährung) bezahlt wird (das gilt nicht nur für Fitness-Daten, sondern grundsätzlich für all seine EHR (soweit vorhanden). Entsprechende smart contracts sollten keine technischen Schwierigkeiten darstellen. Es gibt bereits Startups, die genau das umsetzen wollen (z.B. Medibloc, Medicalchain oder das Wiener Unternehmen Grapevineworld).
Bei interventionellen Studien kommt hinzu, dass komplexe Logistikabläufe (Studienmedikation, Blutproben, Randomisierung,...) erforderlich sind, für die aber ebenfalls Blockchainlösungen möglich wären. Hier gibt es bereits Firmen wie z.B. Farmatrust oder Mediledger, die sich auf das blockchainbasierte tracking der Supply Chain spezialisiert haben (deren Fokus ist derzeit das Bekämpfen von Medikamentenfälschungen, die v.a. in der Dritten Welt ein Riesenproblem sind, aber das Prinzip lässt sich auch auf Studienmedikation adaptieren).
Es bleiben noch viele Hürden zu überwinden, bevor eine echte chain-basierte Studie läuft. Das Problem der Datenlöschung ist noch ungelöst (ein Studienteilnehmer hat das Recht, dass alle seine Daten gelöscht werden - schon jetzt problematisch, was die Datenintegrität berifft, aber umso mehr, wenn die Daten auf einer Blockchain gespeichert sind). Auch ist das Handling der privaten Schlüssel noch nicht ausgereift. Wie kann man sicherstellen, dass nicht durch einen Schlüsselverlust auch wertvolle Daten unwiederbringlich verloren gehen? Zuguterletzt ist das Risiko für die Big Players (Pfizer, Novartis, Roche, J&J,...) einzusteigen noch sehr gross und die Bereitschaft zu investieren gering, da behördenseits noch unklar ist, was an Krypto erlaubt wäre und was nicht.
Immerhin steigt das Wissen um die Möglichkeiten von Blockchains auch unter Gesundheitsverantwortlichen stetig und es haben sich neben einer Fülle privater Startups mit diversen Pilotprojekten (4) erste Arbeitsgruppen gebildet, die mit Behörden zusammenarbeiten, um das Silodenken zu überwinden und gemeinsam nach Lösungen der noch bestehenden Pobleme zu suchen (3). Da es viele stakeholder gibt, ist es entsprechend schwer, den Stein ins Rollen zu bringen, aber viele Firmen stehen schon in den Startlöchern und wer vorne mit dabei ist bei den ersten echten blockchainbasierten Studien, dem winken fette Gewinne. Der R&D-Aufwand aller Pharmafirmen liegt bei ca. 170 Mrd $ pro Jahr (5) und wenn nur ein Teil davon an Blockchainfirmen ginge, wäre das ein riesiger Investitionsschub für die Kryptolandschaft insgesamt!
(1)https://www.researchgate.net/publication/318553379_Blockchain_technology_for_improving_clinical_research_quality
(2) https://www.ibtimes.co.uk/guardtime-secures-over-million-estonian-healthcare-records-blockchain-1547367
(3) https://www.phuse.eu/documents/working-groups/deliverables/phuse-blockchain-white-paper-final-version-1-18843.pdf
(4) https://steempeak.com/blockchain/@blockchainerd/blockchain-healthcare-entire-ecosystem-in-2k18
(5) https://www.statista.com/statistics/309466/global-r-and-d-expenditure-for-pharmaceuticals/